Ich habe mir die Technik einer Rute angesehen.  Zumindest soweit wie das im technisch vertretbaren Rahmen blieb.

 

Dabei konnte ich einiges an Erkenntnis gewinnen.   Das Wichtigste für mich war aber, sich hartnäckige haltenden Gerüchte und technisches Halbwissen zu wiederlegen. 

 

Erkenntnis 1:   

 

Es werden weltweit von den 10 Grössten Faserherstellern  gesamt ca.  125 000 Tonnen Fasern hergestellt. 

Pro Fliegenrute entfallen ca. 30 Gramm auf die Fasern selbst,  der Rest der Rute sind das Bindeharz, Griff, Rollenhalter usw. 

Bei der Annahme, dass es 100 000 000 Fliegenfischer weltweit gibt (?)  und jeder eine Rute pro Jahr kauft (?) ergibt das ein Gesamtgewicht von 3000 Tonnen Kohlefaser.  Ergibt 2,4 Prozent im ALLERBESTEN Fall.   Ich erlaube mir zu behaupten, dass es deutlich weniger ist. Wobei der Verkaufspreis deutlich über dem Durchschnitt liegt.   Als wirtschaftlich denkender Techniker stellt sich mir die Frage: 

"Wer entwickelt für einem speziellen Produktzweig eine spezielle C-Faser wenn er damit max. 5% Umsatz generieren kann?"  

 

 

Erkenntnis 2:

 

Kohlefaser für Fliegenruten werden in sgg. Prepregs zu Verfügung gestellt.  Prepregs sind vorimprägnierte Fasermatten.  Diese werden, um es salopp und einfach auszudrücken, um einen Dorn gewickelt und anschließend in einem Konklaven nach Herstellerangaben ausgehärtet.  Selbstverständlich haben Hersteller recht, wenn Sie eine eigene Technik, eigene Erfahrungen und spezifizierte Rutenherstellverfahren für sich beanspruchen.  Hier unterscheiden sich dann auch die verschiedenen Qualitäten. Aber im Grundsatz kochen alle nur mit Wasser.  Das bedeutet, dass die Technik im Grossen und Ganzen so beherrscht wird,  dass sie auch bei Newcomern im Rutengeschäft wahrscheinlich relativ schnell zur Prozess- und Qualitätssicherheit führt. Tesla schaffte es auch binnen kürzester Zeit ein Auto zu bauen. 

 

Erkenntnis 3:

 

Billigrute um ca. 100 €   versus Highperformer Rute für > 800 €. 

Ich habe doch schon etliche Ruten getestet und mir ihre Verarbeitung angesehen. Dabei ist mir aufgefallen, dass es, selbst bei angeblichen Hightech-Ruten zu durchaus schweren Fehlern kommt.   Dabei ist nicht einmal die Verarbeitung der Beringung der Punkt.  Zum Teil wurde der Overlap falsch bestimmt und das bei allen 4 Segmenten.  Wer ein durchschnittlicher Werfer ist, wird das kaum merken.  Wer aber gut oder besser wirft merkt diesen versteckten Mangel sofort.  Eine günstige Fliegenrute in der Preisklasse 200 - 300 €  mit austarierten Segmenten  wirft deutlich besser als eine Rute für € 1000 und einem  "verdrehten Overlap".  

 

...es verhält sich ähnlich wie beim Fahren:   Doppelte Leistung --> Doppelter Preis -->  ist nicht gleich halbe Fahrzeit!

 

 

Erkenntnis 4:

 

Fliegenrutenblanks sind aus einem sgg. kohlenfaserverstärtem Kunststoff, welcher in die Werkstoffgruppe der Verbundstoffe eingeordnet werden kann. Bei Verbundstoffen versucht man grundsätzlich die positiven Eigenschaften der Bestandteile zu verbinden.  Dabei bleiben aber gewisse Nachteile nach wie vor erhalten,  auch wenn diese von den Herstellern nicht angesprochen werden und bei den Händlern meist ganz und gar unbekannt sind.

 

Kohlefasern sind extrem hart und weisen Festigkeiten von weit über 300 MPa auf.  Bei einer Dichte von 1,8 kg/dm3  ist das Dichte-Festigkeitsverhältnis extrem hoch.  Ein unersetzbarer Vorteil dieser Faser. 

Ein genereller Nachteil von Fasern ist ihre Fähigkeit nur Zugkräfte aufnehen zu können.    Man stelle sich das vor wie ein Seil.  Mit diesen kann man nun mal nur Zugspannungen übertragen.

 

Eine Fliegenrute biegt sich aber zwangläufig. Bei der Biegung enstehen auf dem Aussenradius Zugkräft die durch die C-Faser aufgenommen werden. Auf der Innenseite wird der Blank gestaucht. Diese Druckkräfte müssen großteils vom Bindeharz aufgenommen werden. 

 

Ein nicht von der Hand zu weisender Nachteil der C-Faser ist die Bruchdehnung. Diese liegt so ca. bei 1,5 % .  Gewöhnlicher Baustahl hat im Vergleich ca. 20%.   Das bedeutet technisch einfach zum Ausdruck gebracht,  C-Fasern brechen bei Überlastung ohne sichtbare Formänderung.  Das merken wir wenn uns seine Rute bricht. Ratsch und ab! 

 

Das Bindeharz ist in den meisten Fällen eine Phenolharzverbindung.  Diese verbindet nun die Fasern zu eine sgg. Verbundstoff.  

 

Der Wichtigste Faktor bei der Herstellung einer Rute ist der sgg. Faserverlauf.  Um diesen zu erklären bzw. seine Lage zu definieren muss man etwas weiter ausholen.  

 

Wenn wir ein Rohr, unsere Rute ist ja auch nichts anderes, biegen, was bei Ruten dann doch auch gelegentlich vorkommt.   verformt sich das Rohr.  Unbelastet sollte das Rohr kreisrund sein. Wird das Rohr nun stark verbogen ander sich nicht nur die Biegeline des Rohres sondern auch der Kreisquerschnit zu einer Ellipse.  Damit muss die Randfaser (so nennt der Techniker den Aussenbereich eines Bauteils) im Aussenradienbereich auch polare Druck und Zugkräfte aufnehmen (Skizze folgt).   Mit dieser Erkenntnis reichen also nicht nur Längsfaser sonder wir brauchen auch Querfasern um die Querschnittkontraktion 

 

 

 

............. Fortsetzung folgt.